Der andere Davoser

Es gibt Leute, die sind unfähig, ein Sportgerät von einem anderen zu unterscheiden.
In Davos soll es sogar Menschen geben, die seelenruhig ganze Tage im unbegründeten Glauben verbringen, sie würden ihre Rutschgier und ihren frivolen Gleitkitzel auf sogenannten Davoserschlitten ausleben. Stellt man sie forsch zur Rede und fragt, ob sie wüssten, auf was für einem Gerät sie hier eigentlich im Schnee rumturnten, antworten sie ohne zu zögern: Das ist ein Davoserschlitten, was sonst! Und dies sagen sie noch mit lebensfremder, schlicht an Unverfrorenheit grenzender Unbekümmertheit!

Aber oft ist es eben gar kein Davoserschlitten! Nicht alles, was einem Davoserschlitten ähnlich sieht, ist in Wirklichkeit dann auch ein Davoserschlitten. Beim heutigen Zustand der Welt, gilt es, sich ernsthaft mit den Details zu beschäftigen. Bekanntlich steckt der Teufel dort und sonst nirgends. Einfach ohne auch nur die kleinste Andeutung eines Zweifels, ohne die Stimme auch nur ein bisschen zu heben, ohne auch nur einen Hauch eines fragenden Tonfalls mitschwingen zu lassen, behaupten sie: Das ist ein Davoserschlitten.
Dabei ist es ein Grindelwaldner!
Und dies in Davos.
Andernorts ist es natürlich noch viel schlimmer. Da hängen sich ganze Seilschaften von schlittelnden Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen verschiedenster Herkunft und verschiedenster politischer Couleur zu langen Schlittelschlangen zusammen. Danach weiss aber kaum jemand, dass er oder sie sich ihre oder seine Rippe nicht auf einem Davoser, sondern auf einem Grindelwaldnerschlitten verquetscht hat. Nicht dass die Holzleisten eines Grindelwaldnerschlittens weniger schmerzen an Brust und in der Magengegend, sollten es zu harten Landungen nach Schanzensprüngen, zu unsanftem Aufprallern oder gar zu einem Zusammenstoss mit einer anderen Schlittlerschlange kommen.
Aber es geht einfach nicht an, dass man nach dem Vernachlässigen der Details in weniger wesentlichen Bereichen, damit nun auch noch im Schlittelwesen beginnt.
Natürlich ist der Grindelwaldner Schlitten nicht unbedingt schneller, es sei denn, seine Kufen seien mit besonders ranzigen Speckschwarten präpariert worden. Nomalerweise hält das Beschleunigungsvermögen des Davoserschlittens dem Beschleunigungsvermögen des Grindelwaldners durchaus die Waage. Trotzdem, ein Davoser ist ein Davoser und ein Grindelwaldner ist ein Grindelwaldner. Das ist so und muss so bleiben.