Was könnte ich denn schon für einer sein? Etwa einer dieser bemitleidungswürdigen Gestalten von Torhütern? Einer, der aus der Tatsache, dass er als fussballerisch untalentiertes Kind beim Schutten nur als Goalie mitspielen durfte, eine Karriere bastelt? Bin ich denn geeignet für eine Wach- und Schliessgesellschaft als Einmannbetrieb? Ich will doch keiner sein, dem seine besten Freunde am liebsten den Rücken zukehren.
Oder bin ich etwa der zurückhaltend verklemmte Typ, der nicht rennt, nicht sucht, nicht stürmt? Einer jener fantasielosen Versicherungshengste, die sich geradezu aufdrängen als Verteidiger. Verteidiger sind hämische Typen mit dicken Beinen, die den andern das Spiel verderben. Alles verdammte Hinterhältler! Alles manische Aufpasser, Abwiegler, Ausputzer, Türsteher, Maurer, heimlichfeiste Fallensteller. Dazu noch Holzhacker, Draufhauer, Reinfeger und Umhauer. Ich bin doch nicht zum stochernden Spitzbein geeignet und Leibchenreissen ist nun mal keine ernstzunehmende berufliche Perspektive. Die sehen ja auch alle aus, als müssten sie hinten zwanghaft verhindern, was sie vorne selbst nicht schaffen.
Oder habe ich etwa eine schreckliche Jugend schadlos überstanden, um jetzt als Zulieferer, als Handlanger und Gerüstebauer im Mittelfeld für das Gemeinwohl krampfen und schwitzen zu müssen? Soll auch ich mich dort brüsten mit der Kontrolle von Territorium, das mir nicht gehört, von wo aus, ich eh nur einleiten kann, was andere vollstrecken? Als Mädchen für alles habe ich mich noch nie geeignet.
Ich bin auch überhaupt nicht der geborene Abstauber, der Eindringling, der Neunmalkluge, der seine Nase immer zu vorderst hat und sich deshalb geradezu aufzwingt als Aggressor. Und eine dieser weltfremden Sturmspitzen, einer dieser Vollzieher und Vollstrecker will ich schon gar nicht sein. Die sind doch immer nur erpicht auf die ganz grosse Geste. Und auf das letzte Wort. Immer auf dem Sprung, nur interessiert am grossen Durchbruch, am Triumpf, am Tor! Alles Erzopportunisten, ohne Verständnis für das Hegen, für das Pflegen, ohne jeglichen Bezug zum Baugewerbe. Die lassen andere für sich schuften und heimsen dann mit Minimalaufwand die grossen Lorbeeren ein, das heisst den ganzen Status mit dem dazu gehörenden unanständig grossen Geld.
Oder bin ich vielleicht zum Flügel geboren? Bin ich vielleicht bitte sehr, so ein ewiger wendiger windiger wusliger Ausweichler, ein bauernschlauer Austrickser und Ausreisser? Haltet den Dieb! Hat man ihnen schon nachgeschrien, diesen Hühnerdieben, diesen Spitzbuben, diesen Schlitzohren, diesen Flankisten!

Erschienen in: Die WochenZeitung